Opferschutz in Österreich – Wie sind die Regelungen?
Der Opferschutz in Österreich umfasst eine Reihe von rechtlichen Regelungen, mit denen geschädigte Personen sich gegen die Verletzung ihrer Rechte bei einem Verbrechen wehren können.
Dabei können z. B. neben Körperverletzung, Nötigung oder Stalking auch auch andere Tatbestände in Frage kommen, wie z. B. Diebstahl oder eine Sachbeschädigung. Deshalb wollen wir in diesem Beitrag alles Wichtige zum Opferschutz in Österreich zusammentragen und dabei auch wichtige Fragen beantworten, wie z. B. Was ist ein Opferschutz?
Was passiert bei häuslicher Gewalt? Wie hoch ist die Strafe bei häuslicher Gewalt? Welche Formen von häuslicher Gewalt gibt es? Was zählt als Gewalt? Wie viele Arten von Gewalt gibt es?
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Was versteht man unter Gewalt im Sinne des Opferschutzes?
Gewalt im Verständnis des Opferschutzes kann auf verschiedene Weise ausgeübt werden gegen ein Opfer. Dabei kann eine geschädigte Person in ihren Rechten auf auf folgende Weise verletzt werden:
- Körperliche Rechtsverletzung: z.B. Körperverletzung, Mord, Totschlag, gefährliche Drohung
- Ideelle Rechtsverletzung: z. B. Verleumdung, Üble Nachrede, Urheberrechtsverletzungen
- Materielle Rechtsverletzung: z. B. Raub, Diebstahl, Veruntreuung oder Sachbeschädigung
Durch welche gesetzlichen Regelungen wird in Österreich ein Opferschutz gewährleistet?
In Österreich werden viele Verletzungen von Rechten einer Person nach dem ABGB, dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, zivilrechtlich geregelt. Zusätzlich werden dann die wichtigsten strafrechtlichen Regelungen durch das Strafgesetzbuch (StGB) bei einer Straftat bestimmt.
Hierbei werden in einzelnen Paragrafen z. B. Tatbestände wie Diebstahl oder Körperverletzung, aber auch Delikte wie beispielsweise Betrug oder Üble Nachrede behandelt.
Dabei wird sowohl die Straftat beschrieben und die bei deren Begehung drohende Strafe festgelegt. Zusätzlich regelt die Strafprozessordnung (StPO) die Strafverfolgung dieser Rechtsverletzungen.
Ferner kennt man in Österreich außerdem das Verbrechensopfergesetz (VOG), das Ansprüche von Personen regelt, die Opfer einer Straftat wurden.
Das Verbrechensopfergesetz (VOG) in Österreich
Nach dem Verbrechensopfergesetz sind Staatsbürgerinnen und Staatsbürger der EU und des Europäischer Wirtschaftsraum (EWR) sowie in Österreich geschädigte Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt, anspruchsberechtigt.
Jedoch greift das Gesetz im Opferschutz nur, wenn Personen durch eine vorsätzliche Straftat, die mit mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe bedroht ist, eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben.
Dabei haben auch Hinterbliebene Ansprüche, wenn die Tat den Tod des Opfers verursacht hat.
Allerdings sind Ansprüche nach dem VOG ausgeschlossen, wenn das Opfer oder der Hinterbliebene an der Tat selbst beteiligt war, den Täter provoziert hat, oder man es schuldhaft unterlassen hat, an der Tataufklärung mitzuwirken.
Dabei umfassen die Leistungen nach dem VOG z. B. den Ersatz des Verdienstentgangs, die Heilfürsorge, eine orthopädische Versorgung oder auch den Ersatz von beschädigten Hilfsmitteln wie Brillen oder Zahnprothesen.
Das Gewaltschutzgesetz in Österreich
Seit 1997 existiert in Österreich zusätzlich das Gewaltschutzgesetz zum Opferschutz nach häuslicher Gewalt. Dadurch wird es Opfern von häuslicher Gewalt ermöglicht, zuhause bleiben zu können wohingegen die gewalttätige Person die gemeinsame Wohnung verlassen muss.
Hierbei sieht das Gewaltschutzgesetz folgende Maßnahmen vor:
Die polizeiliche Wegweisung (Betretungsverbot)
Hierbei wird die Polizei durch eine Anzeige des Opfers ermächtigt, die gewalttätige Person aus der gemeinsamen Wohnung zu weisen und ein Betretungsverbot für 2 Wochen auszusprechen.
Hierbei kann dieses Betretungsverbot zum Opferschutz auch auf Kinderbetreuungsstätten und Schulen ausgeweitet werden, wenn Kinder von häuslicher Gewalt betroffen sind.
Dabei muss die Polizei dann auch den Kinder- und Jugendhilfeträger verständigen, der eine Gefahrenabklärung vornimmt und Maßnahmen einleitet. Für den Fall, dass eine gewalttätige Person wiederholt das Betretungsverbot missachtet, kann sie auch festgenommen werden.
Die gerichtliche Einstweilige Verfügung
Ein Zivilgericht kann auf Antrag eines Opfers einer gewalttätigen Person auch durch eine Einstweilige Verfügung auferlegen, die gemeinsame Wohnung für längere Zeit zu verlassen.
Dabei kann sich diese an ein polizeiliches Betretungsverbot anschließen oder aber auch unabhängig davon auferlegt werden.
Hierbei können von dieser Maßnahme zum Opferschutz alle Personen betroffen sein, die in einer gemeinsamen Wohnung oder einem gemeinsamen Haus leben, wie z. B. Ehepartner, Verwandte, Lebensgefährten oder auch Mitbewohner.
Für den Fall, dass es sich um Gewalt gegen Kinder handelt, kann auch ein Elternteil oder beide Elternteile davon betroffen sein.
Maßnahmen zum Opferschutz nach Gewaltanwendung
Die Anzeigepflicht der Handelnden in Gesundheitsberufen zum Opferschutz
Angehörige der Gesundheitsberufe müssen Anzeige bei der Polizei erstatten, wenn sie den Verdacht auf eine gerichtlich strafbare Handlung bei einer behandelten Person haben.
Dabei müssen sie im Rahmen der Ausübung ihrer Tätigkeit einen begründeten Verdacht auf gerichtlich strafbare Gewalt haben.
Hierbei kann es sich z. B. um schwere Körperverletzung, Vergewaltigung von Personen, Misshandlung oder sexuellen Missbrauch von Kindern oder von nicht handlungs- / entscheidungsfähigen oder wehrlosen Erwachsenen handeln, die einen Opferschutz nach häuslicher Gewalt benötigen.
Dabei sind zu einer Anzeige insbesondere verpflichtet:
- Ärzte, medizinische Assistenzen sowie Angehörige der Pflegeberufe
- Hebammen, Sanitäter, Zahnärzte, Psychologen (Psychotherapeuten) und medizinische Masseure sowie medizinisch technische Dienste
Ausnahmen von der Anzeigepflicht bei Handelnden in Gesundheitsberufen zum Opferschutz
Für den Fall, dass eine erwachsene Person, die vollständig handlungs- und entscheidungsfähig ist, es ausdrücklich wünscht, dass keine Anzeige erstattet wird, besteht die Anzeigepflicht nicht.
Außerdem kann eine Anzeige auch dann unterbleiben, wenn dadurch eine laufende Behandlung oder Therapie negativ beeinträchtigt werden würde, da ein persönliches Vertrauensverhältnis notwendig ist.
Hierbei besteht nur Anzeigepflicht, wenn eine unmittelbare Gefahr für die betreffende Person besteht.
Ferner sind Angehörige der Gesundheitsberufe auch nicht zur Anzeige verpflichtet, wenn angestellte Betroffene bereits ihren Dienstnehmer verständigt haben und dieser bereits Anzeige erstattet hat.
Zusätzlich kann von einer Anzeige zum Opferschutz abgesehen werden, wenn bei Kindern oder Jugendlichen und einem Verdacht gegen Angehörige bereits eine Mitteilung an den Kinder- und Jugendhilfeträger gemacht wurde.
Dabei wurde dann ggf. auch schon eine Kinderschutzeinrichtung eines Krankenhauses einbezogen.
Folgen einer Anzeige von Gewalt zum Opferschutz
Hat ein Opfer Anzeige gegen einen Täter erstattet, so hat es Anspruch darauf, eine schriftliche Bestätigung hierfür zu verlangen.
Dabei kann eine Anzeige sowohl bei der Polizei als auch bei der Staatsanwaltschaft erstattet werden. Diese haben bei Kenntnis von einer Straftat dann die Verpflichtung, eine Strafverfolgung einzuleiten.
Dabei wird nur durch eine Anzeige in jedem Fall ein polizeiliches Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Deshalb kann mit einer behördlichen Anzeige eines Gewaltdeliktes der Anzeiger selbst dieses Verfahren nicht mehr stoppen. Hierbei sind Gewaltdelikte sogenannte Offizialdelikte, welche der Staat zur Verhinderung von Gewaltverbrechen und damit zum Opferschutz ahndet.
Für den Fall, dass das Strafverfahren eingestellt wird oder der Verdächtige freigesprochen wird, muss die anzeigende Person jedoch keine strafrechtlichen Konsequenzen fürchten.
Jedoch können strafrechtliche Folgen dann drohen, wenn die anzeigende Person gewusst hat, dass die Verdächtigung falsch ist.
Wo genau erstattet man Anzeige?
Eine Anzeige erstatten kann man bei jeder Polizeidienststelle, bei den Gerichten und auch direkt bei der zuständigen Staatsanwaltschaft dem jeweiligen Landesgericht zugeordnet ist.
Unterstützung des Opfers von Gewalt im Opferschutz
Grundsätzlich haben Opfer von Straftaten ein Recht auf Hilfeleistungen in Form von juristischer und auch psychosozialer Beratung.
Hierbei geht es z. B. um Hilfe im Strafverfahren oder auch um einen Schutz in Form von Unterkunft in einer Notsituation. Dafür stehen in Österreich eine Reihe von Institutionen zur Verfügung, die Opferschutz bieten, wie z. B.:
- Frauennotrufe und Frauenberatungsstellen
- Interventionsstellen (Betreuung von Opfern häuslicher Gewalt)
- Rechtsberatungsstellen
- Frauenhäuser und Kinderschutzzentren
- Männerberatungsstellen
- Spezialisierte Opferschutzzentren für unterschiedliche Themenschwerpunkte
Opferschutz durch Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte
Grundsätzlich sind sowohl die Polizei als auch Staatsanwaltschaft und Gerichte dazu verpflichtet, Opfer:
- Die Gewalt oder einer gefährlichen Drohung ausgesetzt wurden
- oder in Ihrer sexuellen Selbstbestimmung missachtet wurden
- oder deren individuelle Abhängigkeit durch eine vorsätzliche Straftat ausgenutzt wurde
- sowie besonders schützenswerte Opfer
immer über die Freilassung eines Beschuldigten, seine Flucht oder Wiederergreifung zu informieren. Hingegen müssen alle anderen Opfer, die hierüber informiert werden möchten, einen entsprechenden Antrag stellen.
Opferschutz und die Rechte von Opfern im Gerichtsverfahren
Grundsätzlich haben Opfer von Gewalt die Möglichkeit auch finanzielle Ansprüche gegen den Schädiger zustellen. Dabei kann es sich z. B. um Heilungskosten, Schmerzensgeld oder auch Verdienstausfall handeln.
Hierbei gibt es die Möglichkeit im Opferschutz, sich als Geschädigter entweder dem Strafverfahren gegen die beschuldigte Person anzuschließen als Privatbeteiligter oder auch auf zivilrechtlichen Wege Ansprüche anmelden.
Opferschutz – Möglichkeiten im Strafverfahren
Generell kennt die Strafprozessordnung verschiedene Opfertypen, für die auch im strafrechtlichen Prozess unterschiedliche Opferrechte gelten. Dabei unterscheidet man:
- Gewaltopfer
- Sexualopfer und besonders schutzbedürftige Opfer
- Angehörige von getöteten Opfern
- andere Opfer
Dabei haben die Opfer von Gewalt im Rahmen des Opferschutzes im Strafverfahren eine Reihe von Rechten:
- Sie können sich rechtlich vertreten lassen, z. B. durch einen Anwalt für Strafrecht oder eine etablierte Opferschutzeinrichtung
- Außerdem haben Sie ein Recht auf Akteneinsicht, wenn ihre Interessen betroffen sind und bekommen eine Aktenabschrift.
- Ferner muss man sie vor einer Vernehmung sowohl über den Gegenstand des Verfahrens und über ihre Rechte informieren.
- Zusätzlich muss man sie vom Fortgang des Verfahrens verständigen.
- Außerdem haben sie das Recht, an einer Vernehmung von Zeugen oder Beschuldigten teilzunehmen.
- Sie dürfen an der Hauptverhandlung teilnehmen und dabei Angeklagte, Zeugen sowie auch Sachverständige befragen und müssen zu ihren Ansprüchen gehört werden.
- Ferner steht Ihnen auch das Recht zu, sich als Privatbeteiligter direkt am Strafverfahren zu beteiligen.
Opferschutz – Möglichkeiten im Zivilverfahren
Für den Fall, dass ein Opfer von Gewalt nicht die Möglichkeit wahrnimmt, als Privatbeteiligter am Strafverfahren gegen den Schädiger teil zu nehmen, kann es auf dem Zivilrechtsweg Ansprüche geltend machen.
Dabei kann man dann vor einem Zivilgericht Klage auf Schadenersatz für Heilkosten, Schmerzensgeld oder z. B. Verdienstentgang geltend machen, z. B. bei einer Körperverletzung.
Hierbei empfiehlt es sicher immer, einen erfahrenen Rechtsanwalt für Schadenersatzrecht an seiner Seite zu haben. Dabei ist vor einem Zivilgericht auch eine anwaltliche Vertretung gesetzlich vorgeschrieben, wenn ein eingeklagter Betrag über 5000 Euro übersteigt.
Ferner fallen bei einer Zivilklage außer der Gerichtsgebühr evtl. auch Gebühren für Sachverständige an.
Für den Fall, dass ein Kläger diese Kosten nicht selbst tragen kann, gibt es eine Möglichkeit, Verfahrenshilfe zu beanspruchen. Dabei kann dann auch eine unentgeldliche Betreuung durch einen Rechtsanwalt bewilligt werden. Deshalb kann im Rahmen des Opferschutzes eine derartige Verfahrenshilfe beim zuständigen Gericht beantragt werden.
Dabei ist bis zu einem Streitwert von 15.000 € für die Verfahrenshilfe immer das jeweilige Bezirksgericht zuständig.
Für den Fall, dass es bei minderjährigen Kindern um die Durchsetzung von Ansprüchen durch die Eltern geht, ist evtl. eine Genehmigung vom zuständigen Pflegschaftsgericht notwendig im Opferschutz. Dabei ist in der Regel das Gericht zuständig, in dem Einzugsbereich das Kind wohnt.
Wie kann ein Anwalt für Strafrecht einem Opfer von Gewalt helfen?
Gerade ein Opfer von Gewalt braucht meist Unterstützung im Opferschutz. Hierbei ist ein Anwalt für Strafrecht ein guter Partner, der die individuelle Lage einschätzen kann und Empfehlungen für eine weitere Vorgehensweise geben kann.
Dabei kann er z. B. eine Strafanzeige formulieren oder sich um Maßnahmen wie z. B. eine Einstweilige Verfügung kümmern. Ferner kann er zum Opferschutz beraten und passende Anlaufstellen für Opfer von Gewalt recherchieren.
Für den Fall, dass Anzeige erstattet wird, kann er auch das Ermittlungsverfahren im Blick behalten und seinen Mandanten dann auch gerichtlich vertreten, wenn es zur Klageerhebung kommt.
Außerdem wird er sich dafür einsetzen, dass die Ansprüche seines Klienten vor Gericht geltend gemacht werden und diese bestmöglich durchsetzen.